vegetation37forettropicale-creditirt-emmanuelvirin.jpgRegenwald
©Regenwald|Emmanuel Virin

Die heimische Flora

Eine bedeutende Endemie*

Die heimische Flora der Insel hat eine begrenzte Artenvielfalt, dafür aber eine starke Endemie

Die Flora auf La Réunion, wie auch die der anderen ozeanischen Inseln des Tropengürtels, entstand sowohl aus der langsamen und selektiven Einwanderung der heimischen Arten* als auch aus Prozessen der Artenbildung, die, obwohl sie auf der geologischen Zeitskala sehr jung sind, den Endemismus begründet haben. 

Da sie keine eigenen Fortbewegungsmittel besitzen, ist die natürliche Verbreitung der Pflanzen zwangsweise passiv: durch das Wasser (Meeresströmungen), die Luft (Wind und Stürme) oder auch durch Vögel. Da sie isoliert mitten im Indischen Ozean liegt, ist die Insel La Réunion schwer zu erreichen! Nur wenige Arten konnten die Reise überstehen und sich festsetzen. Die ursprüngliche pflanzliche Bevölkerung stammte hauptsächlich aus den nächstgelegenen kontinentalen Gebieten  – ungefähr 70 % der Flora kam aus Madagaskar und Ostafrika.

Die spontane Flora

Die spontane Flora von La Réunion zählt gegenwärtig** 1.730 Gefäßpflanzenarten, davon 1.478 Samenpflanzen (85,4 %) und  252 Sporen- und Farnpflanzen (14,6 %). Man kann sie aufteilen in:

  • 848 heimische Arten (86 darunter sind nur wahrscheinlich heimisch), also ungefähr die Hälfte (49 %) der Spontanflora. Von diesen Arten sind:
  • 237 (28 %) strikt endemisch auf La Réunion,
  • 153 (18 %) regional endemisch und wachsen auch auf anderen maskarenischen Inseln (Mauritius und Rodrigues),
  • 458 (54 %) sind einfache heimische Arten, die man auch in ihren Ursprungsländern findet,
  • 829 exotische* Arten, also etwa die andere Hälfte (48 %),
  • 53 kryptogene* Arten, also 3 %.

Eine große Vielfalt

Die einheimische Flora der Insel hat nur eine relativ begrenzte Artenvielfalt, zeigt jedoch eine starke Endemie (28,0 % strikte Endemie und 46,6 % völlige Endemie), was ihr auf globalem Niveau eine große Relevanz zubilligt.
Daher wird La Réunion weltweit als einer der 25 Hotspots der biologischen Artenvielfalt anerkannt.

Eine Vegetation gebunden an die Geschichte der Insel

Mit der menschlichen Ansiedlung Mitte des 17. Jahrhunderts bereicherte die Flora der Insel sich mit exotischen Importen, die mit der Entwicklung der reunionesischen Gesellschaft einen immer größeren Anteil einnimmt. Die breite Palette der landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen, ökonomischen, medizinischen Aktivitäten, das Wachstum des Austauschs von Gütern und Personen haben die – gewollte oder ungewollte – Einführung von Tausenden von Arten aus tropischen und temperierten Regionen der ganzen Welt begünstigt. Eine ganze Reihe unter ihnen haben sich bis zur heutigen Zeit zu einer wahren Gefahr für die einheimische Flora entwickelt. 

Eine fragile heimische Flora

Die Insellage und die Mikro-Endemie sind Faktoren der Fragilität und der Anfälligkeit der einheimischen Flora, die dazu beitragen, das Risiko des Aussterbens und die Krise der Artenvielfalt auf den ozeanischen Inseln zu verstärken. Die Veränderung und die Zerstörung der natürlichen Lebensräume waren die Hauptfaktoren, die die Artenvielfalt auf der Insel bedrohen. Selbst wenn sich der Prozess unter dem Einfluss der Anstrengungen verschiedener Verbände und einer gezielten Politik der Erhaltung der einheimischen Lebensräume sowie der bewahrenden Verwaltung der einheimischen Biodiversität verlangsamt hat, geht die heimische Pflanzenwelt an vielen Orten weiter zurück.

Ein zerstörter Lebensraum

Menschlich bedingte Einflüsse wie Feuerbrände, wilde Weiden, das Aussäen von Futterpflanzen in Höhenlagen, Anpflanzungen im Unterholz, wildes Campen, das Schaffen von Wanderwegen, die Massenfrequentation sind einige aktuelle Beispiele für die Problematik der allgemeinen Eingriffe in die natürlichen Lebensräume. Diese Invasion wird als der weltweit drittwichtigste Faktor für den Verlust der Artenvielfalt angesehen, nach der Zerstörung der Lebensräume und der Überausbeutung der Arten.

Bedrohte Arten

Heute werden 256 Arten auf La Réunion als gefährdet eingeschätzt  – das sind 30,7 % der einheimischen Flora im engeren Sinn. 125 dieser gefährdeten Arten sind heute unmittelbar in Gefahr, auszusterben – zumindest in der Natur. Daher liegt La Réunion im Mittelpunkt der Projekte für nachhaltige Entwicklung. Die Kenntnis der einheimischen Pflanzenwelt, ihrer Lebensräume und das Bewusstsein ihrer Fragilität ist ein großer Vorteil, um ihre Erhaltung zu fördern. Die  Entwicklung eines Umweltbewusstsein Tourismus auf La Réunion erfordert die Beteiligung jedes einzelnen, damit dieses weltweit einzigartige Naturerbe bewahrt werden kann.

Anmerkungen

*Charakterisierung der Pflanzenarten

** Version 2008 vom Conservatoire Botanique National de Mascarin herausgegeben.

Der Artikel wurde vom Botanischen Garten von La Réunion geschrieben.

Einheimische Pflanzen sind Pflanzen, die auf natürlichem Weg auf die Insel kamen.

Endemische Pflanzenarten sind einheimische Pflanzen, die sich zu einer neuen Art entwickelt haben und die natürlich in einer bestimmten klar abgegrenzten Umgebung wachsen.

Exotische Pflanzen sind nicht einheimische Pflanzen, die  von Menschen aus anderen Gegenden eingeführt wurden.

Kryptogene Pflanzen sind Pflanzen, die möglicherweise einheimisch sind, deren Ursprung jedoch noch unklar ist.

Invasive Pflanzenarten sind solche, deren Wachstum und Entwicklung praktisch unkontrollierbar werden und die eine Bedrohung für die heimischen Arten darstellen.